Auf einem schlechten Date war wohl jeder schon mal. Wie man in einer solchen Situation am respektvollsten handelt und wann Ghosting in Ordnung ist, erklärt Psychologe Wieland Stolzenburg im Interview.
Es ist eine Zwickmühle: Man hat sich auf ein Date vorbereitet und gefreut, doch dann entspricht das Gegenüber so gar nicht den Vorstellungen und der Funke will einfach nicht überspringen. Ein schlechtes Date zu erleben, kann eine unangenehme Erfahrung sein, die sowohl Zeit als auch Emotionen in Anspruch nimmt. Doch was tut man in einer solchen Situation, um der anderen Person nicht vor den Kopf zu stoßen und gleichzeitig die eigenen Grenzen zu wahren? Beziehungspsychologe Wieland Stolzenburg erklärt im Interview, wie ein respektvoller Korb funktioniert und in welcher Ausnahmesituation Ghosting erlaubt ist.
Wieland Stolzenburg: Die Entscheidung, wie wir mit einem nicht so gut laufenden Date umgehen sollen, hängt von unserer Persönlichkeit und der Situation ab. Es gibt Vor- und Nachteile für beide Varianten.
Wenn wir uns während des Dates unwohl fühlen oder wir feststellen, dass die andere Person überhaupt nicht infrage für eine Partnerschaft kommt, können wir das höflich und respektvoll ausdrücken. Das steht uns frei, auch wenn es Mut erfordert und den anderen möglicherweise verletzen könnte.
Die meisten Menschen warten ab und kommunizieren es erst nach dem Treffen. Das stößt den anderen weniger vor den Kopf und gibt uns selbst die Möglichkeit, das Date nochmals zu reflektieren.
In beiden Fällen sollte die Rückmeldung wertschätzend und ohne Vorwürfe sein. Dennoch kann man ehrlich ausdrücken, dass man das Gefühl hatte, dass es nicht passt.
Letztendlich liegt es häufig an der Situation, welche der Möglichkeiten besser passt. Wenn sich unser Gegenüber unmöglich verhält, ist die direkte Rückmeldung während dem Date häufig die bessere Wahl. Denn es geht nicht nur darum, unser Gegenüber gut zu behandeln, sondern auch uns selbst.
Stolzenburg: Ablehnung ist nie einfach, aber wir können sie einfühlsam verpacken, um das Gegenüber nicht unnötig zu verletzen. Wir sollten bei unseren Gefühlen bleiben und dabei, dass es für uns nicht passt. Was aber nicht gleichbedeutend damit ist, dass der andere nicht in Ordnung ist. Diese Differenzierung auszudrücken, kann sehr hilfreich sein. Zudem hilft es, wenn wir positive Eigenschaften des anderen hervorheben und Wertschätzung für die gemeinsam verbrachte Zeit ausdrücken. Dennoch sollte diese Absage keine Hintertür offen halten, sondern unsere Haltung klar und deutlich ausdrücken. Dem anderen Hoffnung zu machen, macht alles nur noch komplizierter oder schwerer.
Beispielsweise könnten wir sagen: "Vielen Dank für die Zeit, die wir zusammen verbracht haben. Es tut mir leid, aber ich fühle momentan nicht dasselbe wie du. In meinen Augen wäre es unfair, wenn ich dir das nicht klar sage. Du bist ein toller Mensch und überhaupt nichts ist falsch an dir. Meine Gefühle reichen leider jedoch nicht für eine Partnerschaft aus."
Stolzenburg: Nein, wir sind nicht verpflichtet, eine ausführliche Begründung dafür zu geben, warum wir kein Interesse an einem weiteren Kennenlernen oder einer Beziehung haben. Niemand sollte Schuldgefühle haben, wenn er dem anderen offen und wertschätzend mitteilt, dass es für einen nicht weitergeht.
Manchmal gibt es einen konkreten Grund, aber häufig ist es eher ein Gefühl, eine Empfindung, die schwer in Worte zu fassen ist. Es könnte an unpassenden Bindungsstilen liegen, die häufig eine Rolle spielen und schwer zu erklären sind. Es könnte aber auch an anderen Faktoren liegen, die derjenige selbst möglicherweise nicht genau benennen kann.
Falls der andere nach einem Grund fragt und es einen gibt, steht es uns frei, diese Frage zu beantworten. Dabei sollten wir fair und wertschätzend antworten und dem anderen nicht das Gefühl geben, dass mit ihm etwas falsch ist.
Stolzenburg: Ghosting bedeutet, dass man plötzlich und ohne Vorwarnung den Kontakt zu einer Person abbricht, ohne den Kontaktabbruch zu erklären. Menschen, die ghosten, antworten nicht mehr und lassen den anderen im Unklaren.
Ich kenne nur wenige Fälle, in denen ein Kontaktabbruch in Form des Ghostings sinnvoll ist. Zum Beispiel beim Stalking, wenn jemand unerwünschte und belästigende Nachrichten sendet, obwohl man bereits deutlich gemacht hat, dass man keinen Kontakt mehr wünscht und dieser Wunsch ignoriert wurde.
Ansonsten ist Ghosting das Gegenteil einer fairen und wertschätzenden Kommunikation und kein angemessener Umgang. Es wird häufig als verletzend, unhöflich und respektlos angesehen. Insbesondere, wenn der Kontakt davor länger, intensiv oder intim war. Eine angebrachte Art und Weise, eine Verbindung mit einem Date zu beenden, wäre eine freundliche Nachricht. Eine solche respektvolle und offene Kommunikation ist immer der beste Weg, im zwischenmenschlichen Bereich miteinander umzugehen.
Auch hier könnte der Grundsatz gelten: Verhalte dich so, wie du selbst behandelt werden möchtest, und versuche, empathisch und wertschätzend zu sein, selbst wenn du keinen Kontakt mehr zu dieser Person wünschst.
Stolzenburg: Ja, es kommt häufig vor, dass sich aus einem Date eine Freundschaft entwickelt. Dies funktioniert vor allem dann gut, wenn beide kein Interesse an einer romantischen Beziehung haben. Ansonsten endet es häufig ungut, weil derjenige mit mehr Interesse irgendwann enttäuscht ist, dass sich doch nicht mehr daraus entwickelt.
Wenn wir uns nur eine Freundschaft vorstellen können, können wir das ausdrücken. Indem wir unserem Gegenüber wissen lassen, dass für uns keine Beziehung infrage kommt, wir uns jedoch über eine Freundschaft freuen würden. Ob der andere das möchte, steht auf einem anderen Blatt. Wie eng sich eine mögliche Freundschaft dann entwickelt, wird die Zeit zeigen. Eine tiefe Freundschaft entsteht nicht von heute auf morgen, sondern entwickelt sich mit der Zeit und gemeinsamen Erlebnissen.
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