Neonfarbenes Stirnband, opulente Plastikohrringe und dazu ein Vokuhila – so rockte Nena 1983 mit „99 Luftballons“ die Bühne. Für viele ist die „vorne kurz, hinten lang“-Frisur ein Relikt aus den 80er-Jahren, das maximal als Perücke zu Bad Taste Partys getragen werden sollte. Andere wiederum feiern das Comeback des Vokuhila, darunter Stars wie Beth Dito, Gigi Hadid oder Rihanna. Was hinter der Retrofrisur steckt und wie man den Look modern stylt. Außerdem: So trägt man den Vokuhila 2024!
Manta-Matte, Nackentapete oder auch Nackenspoiler: Die Liste der Spitznamen für den Vokuhila ist länger als sein Nackenhaar. Der Begriff steht als Abkürzung für „vorne kurz, hinten lang“ und beschreibt eine Frisur mit fransigem Pony, der an den Seiten zu kurzem Haar übergeht, während die Haare am Hinterkopf mindestens schulterlang sind. Erste Erfolge feierte der ausgefallene Haarschnitt in den 70er-Jahren, zum Beispiel mit David Bowie, der neben seiner Musik auch mit seinem roten Vokuhila für Furore sorgte.
In Deutschland explodierte der Vokuhila-Hype in den 80er-Jahren, als Männer wie Patrick Swayze und Rudi Völler mit Hinterkopflocken zu Stars wurden und Nena mit ihren asymmetrischen Fransen die deutschen Charts stürmte. Es folgte die goldene Ära des Vokuhila, die den Mix aus kurzem Vorder- und schulterlangem Nackenhaar endgültig alltagstauglich machte. Fun Fact: In Italien heißt die Frisur bis heute „Haare nach deutscher Art“.
Während die Manta-Matte in Deutschland mittlerweile als Bad-Taste-Look verpönt ist, wurde sie in Spanien nie zum Styling-Fauxpas degradiert. Das hat historische Gründe: In Spanien kennt man den Vokuhila auch als Borroka-Haarschnitt, nach dem sogenannten „Kale Borroka“, der für städtische Guerilla-Aktionen der baskischen Unabhängigkeitsbewegung steht. Viele Vertreter der nationalistischen Bewegung trugen eine Vokuhila-Frisur, um ihre rebellische Haltung zu unterstreichen. Auch bei den Mercheros, einer nomadischen Randgruppe in Spanien, steht der Vokuhila für Freiheit, Unabhängigkeit und Rebellion. Das Baskenland mit seiner Hauptstadt Bilbao ist bis heute eine Hochburg des ikonischen 80er-Jahre-Haarschnitts.
In den Augen vieler Style-Experten ist der Vokuhila ein absolutes No-Go. Trotzdem muss man den Retro-Cut irgendwo zwischen Trash und Trend einordnen. Immerhin hat er bis heute reihenweise Fans, die ihn immer wieder neu interpretieren und aufleben lassen. Der beste Beweis: Mit dem Hashtag #mullet (so heißt der Vokuhila auf Englisch), #mulletgang oder #mulletmonday teilen immer mehr Fashionistas Fotos ihrer Haarpracht in den sozialen Medien.
Sogar nach Hollywood hat der 80er-Klassiker es geschafft: Stars wie Rihanna, Beth Ditto oder Gigi Hadid präsentierten sich mit dem tot geglaubten Vokuhila auf dem Red Carpet. Und auch Designer wie Gucci, Off White und Tommy Hilfiger ließen weibliche und männliche Models mit dem edgy Haarschnitt über ihre Runways laufen.
Der Vokuhila zeichnet sich durch seine Vielseitigkeit aus: Ob kurz, mittellang oder lang, er kann an verschiedene Haarlängen angepasst werden. Wichtig ist nur, dass die Haare am Hinterkopf, auch liebevoll "Nackentapete" genannt, immer mindestens fünf Zentimeter länger bleiben als die vorderen Haare inklusive Pony. So kann der "Voku" von schulterlang bis länger variiert werden.
Der Vokuhila 2.0 sieht zwar nach Do-it-yourself und 80er-Revival aus, kann (kombiniert mit dem richtigen Outfit) aber sehr stylisch aussehen. Wer den extravaganten Look ausprobieren möchte, sollte allerdings nicht selbst zur Küchenschere greifen, sondern einen Termin beim Friseur machen. Ein typgerechter, präziser Cut ist die Voraussetzung dafür, dass die kultige Anti-Frisur wirklich cool aussieht.
Die gute Nachricht: Der Vokuhila-Schnitt hat sich mit der Zeit weiterentwickelt und ist in der modernen Variante lange nicht mehr so extrem wie in den 80er-Jahren. Bei der Light-Version – auch „Stufen-Vokuhila“ genannt – ist der Pony leicht gefranst und reicht bis zu den Augenbrauen. Statt die seitlichen Haare direkt an den Schläfen zu kürzen, werden sie gestuft. So entsteht ein harmonischer Übergang zum längeren Nackenhaar, das oft nur bis zur Schulter reicht.
Glattes Haar am besten mit einer Paddelbürste trocken föhnen und anschließend das Glätteisen sanft über die Stirn- und die Seitenpartie ziehen und die Haare dort leicht eindrehen.
Einen lockigen Vokuhila kannst du genauso stylen, wie du deine Locken sonst auch stylen würdest. Für viele bedeutet das: Produkte ins Haar geben und mit dem Diffusor föhnen.
Wer sich für eine Vokuhila-Frisur entscheidet, braucht vor allem eines: Mut. Vor allem, wenn man den Haarschnitt in der extremen 80er-Jahre-Variante mit fransigem Pony, kurz gestutztem Seitenhaar und mindestens schulterlangen Strähnen am Hinterkopf wählt. Frauen, die selbstbewusst mit Modetrends experimentieren und sich gerne vom Mainstream abheben, können mit einem klassischen Vokuhila aber durchaus ihren Typ unterstreichen.
Alle, die den Haartrend ausprobieren möchten, aber keine Lust auf eine Matte à la Nena haben, können sich für die moderate Version der Vokuhila-Frisur entscheiden: mittellanges Haar mit soften Übergängen, bei dem der Unterschied zwischen kurzen und langen Haarpartien weniger extrem wirkt. Vorteil: Der Unisex-Cut ist extrem wandelbar und funktioniert sowohl bei lockigem als auch glattem Haar.
Wer sich noch nicht ganz traut, dem*der sei der Wolf Cut ans Herz gelegt. Die Kombination aus Shag ud Vokuhila ist gerade voll im Trend:
Ein Vokuhila wirkt nicht bei jeder Gesichtsform vorteilhaft: Wer sehr schmale Gesichtszüge hat, sollte auf den Retro-Haarschnitt lieber verzichten. Denn die Ponyfrisur streckt optisch und lässt das Gesicht noch länger erscheinen. Wer ein ovales Gesicht hat, kann „vorne kurz, hinten lang“ dagegen gut tragen. Um ein rundes Gesicht optisch zu strecken, sollte die Grundlänge der Vokuhila-Frisur mindestens schulterlang sein.