Eine Routine, die dich morgens makellos und strahlend aufwachen lässt. Das verspricht der "Morning Shed Trend" in den sozialen Medien. Aber was steckt dahinter?
Instagram, TikTok und Co. versorgen uns regelmäßig mit neuen Schönheitstrends. Und obwohl diese diverser und inklusiver sind als je zuvor, wird der Schönheitsdruck nicht weniger. Der neueste Hype gilt der "Morning Shed Routine". Einem abendlichen Beautyritual, das Haut und Haare darauf vorbereitet, am Morgen danach makellos auszusehen, ohne nach dem Schlafen viel Arbeit in Hautpflege und schöne Haare investieren zu müssen.
Und klar, Skincare und Pflege am Vorabend hilft Haut und Haaren, gesünder auszusehen. Aber wie viel ist zu viel und wie realistisch ist der Anspruch an diese Makellosigkeit durch Beautytrends auf den sozialen Medien?
Das Prinzip ist eigentlich ganz einfach: Vor dem Schlafengehen wird gereinigt, gepeelt und gecremt, was das Zeug hält. Aber damit nicht genug. Neben Seren und Cremes, die die Haut mit Feuchtigkeit und Wirkstoffen versorgen, tragen Influencer*innen Gesichts-, Augen- und Lippenmasken auf und lassen sie über Nacht auf dem Gesicht.
Sie umranden Lippen mit Lipstain, um am nächsten Morgen keinen Lipliner verwenden zu müssen und drehen ihre Haare über Nacht auf Lockenwickler aus Seide.
Außerdem kommen Seidenstirnbänder, Gesichtstape, Mundpflaster und sogar Kinnbänder für eine markantere Kieferpartie zum Einsatz. Diese sollen vor allem das Gesicht liften, Falten glätten und vorbeugen, Augenringe verschwinden lassen, die Haut zum Strahlen bringen und helfen, die perfekten Locken zu bekommen.
Mit dieser Pflegeroutine gehen Mädels und Jungs auf TikTok und Co. dann ins Bett, um am nächsten Morgen erholt und so frisch wie nie aufzuwachen. "The uglier you go to bed, the hotter you wake up", also "je hässlicher du schlafen gehst, desto schöner wachst du morgens auf" lautet das Motto des Trends.
Das scheint dir übertrieben? Auch mich erinnert das Ganze an obsessive Selbstoptimierung, die wenig mit Liebe zu sich selbst oder einem gesunden Maß an Selfcare zu tun hat.
All diejenigen, die die HBO Serie "Euphoria" gesehen haben, erkennen vielleicht Ähnlichkeiten mit Cassie Howards morgendlicher Schönheitsroutine – eine langwierige Prozedur, die nicht nur um 4 Uhr morgens startet, sondern auch dazu dient, die Aufmerksamkeit des beliebtesten (und toxischsten) Typen der Serie, Nate Jacobs auf sich zu ziehen.
Während ich die Serie anschaute, konnte ich (und bestimmt auch viele andere Zuschauer*innen) Cassies ungesundes Verhalten sofort identifizieren und einsortieren. Jetzt wird ein ähnlich exzessiver "Beauty"-Trend auf TikTok und Instagram gefeiert. Was hat sich geändert?
Auf den ersten Blick vermittelt die "Morning Shed Routine“ das Bild bewusster Selbstfürsorge: Wer sich abends Zeit für sich nimmt, wer sorgfältig Produkte auswählt und für einen ruhigen Start in den nächsten Tag sorgt, praktiziert doch eigentlich Selfcare – oder?
Doch der Grat zwischen liebevoller Achtsamkeit und übersteigertem Perfektionsanspruch ist schmal und schnell überschritten, wenn Pflegeroutinen durch Trends entstehen und zur Pflichtübung werden, um vermeintlich "makellos" aufzuwachen. Vor allem, wenn soziale Medien diese Routinen nicht nur normalisieren, sondern mit Filtern, Hashtags und viralen Clips idealisieren.
Gerade weil TikTok mit schnellen Vorher/Nachher-Clips arbeitet, entsteht schnell der Eindruck: Wer nicht täglich der Routine folgt, verpasst den Glow. Dabei ignorieren viele dieser Videos, dass unsere Haut oft weniger – nicht mehr – braucht und die Bedürfnisse eines jeden unterschiedlich sind.
Ich finde, wir sollten vorsichtig sein, welchen Maßstab wir uns setzen. Beauty darf Spaß machen, aber sie sollte kein weiterer Punkt auf der To-do-Liste sein, um vermeintlich "gut genug" zu sein. Echtes Wohlbefinden fängt da an, wo wir uns nicht überfordern – weder mit Produkten noch mit Trends.
Versteh mich nicht falsch: Sich Zeit für sich selbst zu nehmen, ist wichtig. Pflege, Entspannung und bewusste Beauty-Momente können absolut empowernd sein und das Wohlbefinden steigern. Doch sobald Selbstfürsorge zur Optimierungsaufgabe wird – mit immer mehr Produkten, Tools und Techniken – verliert sie für mich ihren eigentlichen Wert.
Ich finde, exzessive Trends wie die "Morning Shed Routine" setzen unrealistische Standards und verleiten uns wieder mal dazu, zu glauben, dass Selbstakzeptanz erst nach einem ritualisierten Beautymarathon möglich ist. Obwohl ich denke, in 2025 sollten wir weiter sein und Schönheitsidealen immer und immer weniger Raum geben.
Gönn dir eine angepasste Pflegeroutine, wie sie dir gut tut, aber echtes Strahlen ist nichts, was du dir über Nacht mit Kinnband und Tape antrainierst. Es entsteht, wenn du dich von innen heraus wohlfühlst – unabhängig davon, was Trends dir raten.
Auch wenn ich die "Morning Shed Routine" als übertrieben empfinde und auf diesen Trend definitiv nicht aufspringen werde, habe auch ich mir eine Abendroutine angeeignet, der ich versuche, jeden Abend nachzugehen, um mir etwas Gutes zu tun und morgens erholt und frisch aufzuwachen.
Abschminken und Reinigen: Ein absolutes Muss am Abend, selbst wenn du kein Make-up trägst. Über den Tag verteilt sammeln sich zu viele Schadstoffe und Schmutzpartikel auf deinem Gesicht, die Unreinheiten verursachen können. Eine gründliche Reinigung ist daher ein sinnvoller Schritt vor dem Zubettgehen.
Die richtige Pflegeroutine: Jede Haut ist unterschiedlich und hat andere Bedürfnisse. Beschäftige dich daher im Vorhinein damit, welche Pflegeprodukte das unterstützen, was deine Haut braucht und passe die Produkte auf dich an. Dabei ist es egal, was ein Hype sagt, der im Zweifel gar nicht zu dir passt. Für mich persönlich unverzichtbar: Ein feuchtigkeitsspendender Toner zum Aufsprühen und ein hoch dosiertes Retinolserum! Zweiteres kann kleine Fältchen mildern und trägt zur Regeneration der Haut bei.
Durchblutung der Haut: Der Trend verspricht, dass "Gua Sha" Tools und Kinnbänder das Gesicht sichtbar straffen sollen. Von diesen unrealistischen Versprechungen bin ich lange weg. Trotzdem nutze auch ich einen "Gua Sha"-Stein, um meine Pflegeprodukte nach dem Auftragen einzuarbeiten. Dabei geht es mir weniger um den straffenden Effekt, sondern darum, die Durchblutung in meinem Gesicht anzuregen. Außerdem fühlt es sich wie eine kleine Auszeit und ein kurzes Selfcare-Ritual an, meiner Haut eine Massage zu gönnen.
Wasser trinken: Hört sich vielleicht erstmal komisch an, hat bei mir aber geholfen! Ich habe in meinem Badezimmer IMMER ein leeres Glas stehen, welches ich als letzten Schritt mit Wasser fülle, bevor ich mich ins Schlafzimmer verkrieche. Dadurch, dass ich das Glas während meiner Pflegeroutine im Bad sehe, vergesse ich nicht, zu trinken. Für mich ein Schritt, der mich so viel besser fühlen lässt. Ein Glas am Abend als letztes, ein Glas am Morgen als Erstes!
Weniger Bildschirmzeit im Bett: Zugegeben, schuldig! Auch ich verbringe im Bett oft noch zu viel Zeit am Handy, versuche es aber immer wieder bewusst früher zur Seite zu legen. Das hat den Effekt, dass unser Kopf besser zur Ruhe kommt und ich vor dem Schlafengehen so richtig abschalten kann. Extra Bonus: So schaffe es auch, mich weniger in exzessiven Beautyroutinen auf TikTok und zu viel Kosumcontent zu verlieren.