Eine Diät in Form einer Spritze? Klingt ungewöhnlich, aber genau das versprechen die Medikamente Wegovy und Ozempic als sogenannte "Abnehmspritzen". Die Frage ist: Sind diese Mittel wirklich eine sinnvolle Option zum Abnehmen oder bergen sie Gefahren?
Abnehmen ist bekanntlich keine leichte Aufgabe und erfordert oft Geduld und Disziplin. Was aber, wenn es einen Weg gäbe, all das zu umgehen? Braucht es dann überhaupt noch so etwas wie Sport und eine gesunde Ernährung?
Wegovy, ein neues Medikament, das kürzlich auch in Deutschland auf den Markt gekommen ist, gilt für viele Menschen als wahre Wunderwaffe gegen Übergewicht. Auch Ozempic erfreut sich als Mittel zur Gewichtsreduktion großer Beliebtheit.
Doch wie wirksam sind diese "Abnehmspritzen" wirklich und welche Nebenwirkungen können sie haben?
In folgendem Video sind alle wichtigsten Punkte zusammengefasst:
Die Medikamente Wegovy und Ozempic wurden vom dänischen Pharmaunternehmen Novo Nordisk entwickelt.
Wegovy enthält den Wirkstoff Semaglutid, der bei stark übergewichtigen Menschen zum Abnehmen eingesetzt wird. Das niedriger dosierte Ozempic hingegen wird zur Behandlung von Diabetes eingesetzt und soll vor allem die Insulinproduktion regulieren. Genauso wie Wegovy beinhaltet auch Ozempic den Wirkstoff Semaglutid und wird hauptsächlich zur Therapie von Altersdiabetes eingesetzt. Interessanterweise ist es aber auch für die Behandlung von starkem Übergewicht, bekannt als Adipositas, zugelassen.
Die Wirkungsweise von Semaglutid ist recht simpel: Es steigert das Sättigungsgefühl, wodurch die Patient*innen weniger Appetit haben und somit weniger Kalorien aufnehmen. Semaglutid aktiviert bestimmte Bereiche im Gehirn, die für die Regulation des Hungergefühls verantwortlich sind, und beeinflusst die Insulinausschüttung der Bauspeicheldrüse nach den Mahlzeiten, wodurch der Blutzuckerspiegel reguliert wird.
Besonders für Diabetiker*innen kann Ozempic eine Hoffnung sein, da es ihnen ermöglicht, wieder eigenes Insulin zu produzieren und teilweise sogar ganz auf Insulinspritzen zu verzichten. Dadurch kann sich der Blutzuckerspiegel normalisieren. Das Besondere daran ist, dass Patient*innen diese Therapie ganz bequem von zu Hause aus selbst durchführen können - mit einem Medikament, das lediglich einmal wöchentlich in das Unterhautfettgewebe am Bauch, Oberarm oder Oberschenkel gespritzt wird.
Um die Abnehmspritzen Ozempic oder Wegovy zu erhalten, benötigt man ein entsprechendes Rezept von einem Arzt oder einer Ärztin. Zudem bekommt man diese nicht einfach so verschrieben, sondern es müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat das Medikament offiziell für die Therapie von Adipositas zugelassen. Konkret bedeutet dies, dass Patient*innen für die Behandlung infrage kommen, wenn:
sie entweder einen BMI (Body Mass Index) von 30 kg/m² oder höher aufweisen (was als Fettleibigkeit klassifiziert wird)
oder einen BMI von mindestens 27 kg/m² haben, was als Übergewicht gilt
Gesundheitsprobleme haben, die mit ihrem Gewicht in Zusammenhang stehen.
Unter gesundheitliche Probleme, die mit dem Gewicht zusammenhängen, fallen unter anderem Diabetes, Bluthochdruck oder auffällige Blutfettwerte.
Wie der Hersteller Novo-Nordisk berichtet, haben Studien gezeigt, dass die Abnehmspritzen Ozempic und Wegovy tatsächlich zu einer signifikanten Gewichtsabnahme führen können. So konnte ein erheblicher Anteil der Teilnehmenden ihr Gewicht um mindestens 5 % reduzieren. Allerdings wurden sie in Kombination mit einer kalorienreduzierten Diät und regelmäßiger körperlicher Aktivität verabreicht.
Das ist durchaus plausibel, denn der in den Abnehmspritzen enthaltene Wirkstoff Semaglutid hat viele Vorteile beim Abnehmen, wie Berichte des NDR zeigen:
Er reguliert den Appetit, indem er das Sättigungsgefühl steigert und den Appetit dämpft.
Semaglutid bewirkt, dass das Gehirn Signale an den Magen sendet, die Nahrung länger im Magen zu behalten, wodurch man sich länger satt fühlt.
Außerdem wirkt es auf das Belohnungssystem des Gehirns, wodurch Heißhungerattacken auf fettige und kalorienreiche Speisen reduziert werden.
Doch heißt das, dass man nun Sport und ausgewogene Ernährung vernachlässigen kann? Ganz so einfach ist es wohl nicht. Man muss beachten, dass in den Studien nicht nur die Wirkung der Spritzen allein betrachtet wurde.
Dort bekamen die Teilnehmer*innen das Medikament in Verbindung mit einer kalorienreduzierten Diät, die ein tägliches Defizit von etwa 500 kcal erforderte. Zusätzlich wurde auf Bewegung geachtet, dabei sollten mindestens 150 Minuten Sport pro Woche gemacht werden.
Es stellt sich also die Frage, wie viel der Gewichtsverlust tatsächlich auf die Abnehmspritze zurückzuführen ist, oder ob einfach die neuen Lebensumstände der Grund dafür sind.
Für Menschen mit einem BMI unter 27 scheinen die Spritzen jedoch weniger effektiv zu sein. Das berichtet zumindest Dr. Timo Müller vom Institut für Diabetes und Adipositas am Helmholtz-Zentrum München gegenüber dem MDR.
Auch ist eine langfristige Anwendung notwendig, damit die Wirkung von Semaglutid in der Abnehmspritze tatsächlich zur Geltung kommt. Andernfalls kann es sein, dass beim Absetzen der Spritzen das Gewicht schnell wieder zunimmt.
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Die Kosten für die Spritzen werden derzeit noch nicht von den Krankenkassen übernommen und können daher recht hoch sein.
Ozempic gibt es als 0,25 mg-Startdosis und als 0,5 mg-Dosis zum Preis von jeweils rund 20 Euro. Der Preis für einen Pen mit vier Dosen beträgt ca. 81 Euro. Günstiger ist eine Packung mit drei Dosen für rund 220 Euro.
Der Preis für die Einstiegsdosis von Wegovy (0,25 mg) liegt bei 171,92 Euro für einen Pen mit vier Dosen, so die Deutsche Apotheker Zeitung. Der Preis für eine Monatsdosis der höchsten Dosis (2,4 mg) liegt bei 301,91 Euro.
Wie bei jedem Medikament können auch Abnehmspritzen Nebenwirkungen haben. Häufige Beschwerden bei Wegovy sind beispielsweise:
Übelkeit
Erbrechen
Magen-Darm-Beschwerden wie Verstopfung oder Durchfall
Bauchschmerzen
Müdigkeit
Schwindel
Aufstoßen
Erfahrungsberichte, die von der Tageszeitung The Guardian veröffentlicht wurden, zeigen, dass manche Menschen ihr Lieblingsessen plötzlich nicht mehr mögen, sich schon nach wenigen Bissen übergeben müssen und dass selbst das Trinken von Wasser ein starkes Völlegefühl hervorruft, das zu Dehydrierung führen kann.
Zudem besteht ein Risiko für mögliche schwerwiegende Nebenwirkungen wie Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, Schilddrüsenkrebs oder suizidale Gedanken. Genaue Studien dazu sind allerdings noch am Laufen.
Auch darf während der Schwangerschaft das Medikament auf keinen Fall eingenommen werden, da der Fötus enorm darunter leiden kann.
Generell gibt es aktuell keine Langzeitstudien zum Thema "Abnehmspritze". Daher gilt: Nur anwenden, wenn ein ärztlicher Rat eingeholt wurde!
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Abgesehen von den Risiken für den eigenen Körper bedeutet die steigende Nachfrage nach Diät-Spritzen ohne medizinische Notwendigkeit auch eine Gefahr für Menschen, die das Medikament dringend benötigen.
Die Lieferengpässe für Ozempic werden voraussichtlich bis 2023 anhalten, meldet der Deutsche Apothekerverband. Grund dafür ist die "Off-Label-Verwendung" der Wirkstoffe.
Es wird befürchtet, dass nicht zugelassene Arzneimittel auf den Markt kommen könnten, da die Nachfrage nach den Abnehmspritzen Ozempic und Wegovy steigt. Novo Nordisk appelliert daher an das medizinische Fachpersonal, das Produkt nur für den vorgesehenen Zweck zu verschreiben.
Zum Schluss noch eine wichtige Anmerkung: Wie jeder Charakter ist auch jeder Körper individuell. Deshalb muss jeder für sich selbst herausfinden, welche Ernährung und welche Bewegung für ihn die richtige ist. Generell gilt aber: Um dauerhaft fit zu bleiben und ein gesundes Gewicht zu erreichen bzw. zu halten, ist ein aktiver Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und ausreichend Bewegung immer noch der beste Weg.
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