Bauchschmerzen, Blähungen oder Verstopfung: Probleme mit der Verdauung hat jeder mal. Wenn die unangenehmen Beschwerden immer wieder auftreten und den Alltag beeinträchtigen, lautet die Diagnose oft: Reizdarmsyndrom. Alle Infos zu Ursachen, Symptomen und Behandlung – und was die Verdauung wieder ins Gleichgewicht bringt.
Ist der Darm in Balance, geht es meist auch dem Rest des Körpers gut. Eine intakte Darmflora spielt aber nicht nur für die Verdauung, sondern auch für die Psyche eine wichtige Rolle. Denn wenn man wegen einem Blähbauch kaum ins Business-Outfit passt oder den Abend mit Bauchkrämpfen auf der Couch statt beim Dinner mit den Nachbarn verbringt, hebt das nicht unbedingt die Laune. Umso wichtiger ist es, Verdauungsproblemen auf den Grund zu gehen – insbesondere dann, wenn sie euch regelmäßig das Leben schwer machen.
Das Reizdarmsyndrom ist eine Funktionsstörung des Darms, die sich mit verschiedenen Beschwerden im Verdauungstrakt äußert. Typisch sind unter anderem diese Symptome:
Bauchschmerzen
Völlegefühl
Blähungen und/oder aufgeblähter Bauch
Durchfall
Verstopfung
Die Anzeichen für einen Reizdarm können zeitweise aussetzen, sich abwechseln oder zu- und wieder abnehmen. Ist der Darm erstmal aus dem Gleichgewicht geraten, reagiert er zudem empfindlicher auf bestimmte Nahrungsmittel oder Essgewohnheiten – und protestiert, indem er noch mehr Beschwerden bereitet.
Wenn hinter Darmbeschwerden eine Magen-Darm-Erkrankung steckt, klingen die Symptome normalerweise nach etwa fünf Tagen von selbst wieder ab. Um besser einschätzen zu können, ob ein Reizdarm für die Verdauungsprobleme verantwortlich sein könnte, solltet ihr euch folgende Fragen stellen:
Halten die Beschwerden bereits über drei Monate an?
Treten die Darmprobleme immer wieder und eventuell auch abwechselnd auf?
Hattet ihr schon einmal eine schwere Magen-Darm-Infektion, die länger als sieben Tage gedauert hat?
Werden die Probleme schlimmer, wenn ihr Stress habt?
Leiden eure Familienmitglieder oder Verwandten an Reizdarm?
Dauerhafte Darmbeschwerden können auch auf Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten oder ernsthafte Erkrankungen wie eine Magenschleimhautentzündung oder Darmkrebs hinweisen. Genau deshalb ist es wichtig, dass ihr alle infrage kommenden Ursachen für Bauchkrämpfe, Blähungen und Co. medizinisch abklären lasst. Erst wenn andere mögliche Auslöser beispielsweise durch eine Darmspiegelung ausgeschlossen wurden, kann der Arzt die Diagnose Reizdarm stellen. Bei chronischen Verdauungsproblemen solltet ihr einen Spezialisten aufsuchen: Der richtige Ansprechpartner ist ein Gastroenterologe – ein Facharzt, der auf Krankheiten des Verdauungstraktes spezialisiert ist.
Einen bestimmten Auslöser für das Reizdarmsyndrom gibt es nicht. Die Funktionsstörung ergibt sich aus dem komplexen Zusammenspiel von Gehirn, Psyche und Verdauung. Der Darm ist von Millionen Nervenzellen umgeben, die im ständigen Austausch mit dem Gehirn stehen. Kein Wunder, dass Depressionen oder Dauerstress auch die Darmaktivität negativ beeinflussen. Daneben können übermäßiges Essen, zu viele zucker- oder fetthaltige Lebensmittel und bestimmte Medikamente (allen voran Antibiotika) die Darmfunktion stören. Genauso wie auch Alkohol, Nikotin, Konservierungsstoffe und künstliche Süßstoffe.
Um die angegriffene Darmflora wieder ins Lot zu bringen, solltet ihr zunächst der Ursache für eure Beschwerden auf den Grund gehen. Vertragt ihr beispielsweise bestimmte Nahrungsmittel nicht oder nehmt ein Medikament, das euch nicht bekommt? Oder schlägt euch eine Stressphase im Job oder ein Konflikt in der Familie im wahrsten Sinne des Wortes auf den Magen? Bei Verdacht auf Reizdarm ist es empfehlenswert, ein Ernährungstagebuch zu führen. Darin haltet ihr einige Wochen lang fest, was ihr esst und wie euer Körper darauf reagiert. So lässt sich besser herausfinden, welche Lebensmittel, Essgewohnheiten oder Situationen eure Verdauung aus dem Takt bringen.
Die Ursachen und Symptome für das Reizdarmsyndrom unterscheiden sich von Patient zu Patient – genauso individuell sollte deshalb auch die Behandlung sein. Es gibt vier unterschiedliche Krankheitsbilder: den Durchfall-, Verstopfungs-, Schmerz- und Blähungstyp. Daneben sind auch Mischformen möglich. Je individueller die Behandlung ist, desto besser stehen die Chancen, dass die Verdauungsprobleme sich damit in den Griff bekommen lassen.
Häufig steht bei der Therapie eine Ernährungsanpassung im Fokus: Wer regelmäßig unter Verstopfung leidet, sollte zum Beispiel viel trinken und mehr gut verträgliche Ballaststoffe wie Haferflocken oder Leinsamen zu sich nehmen. Neigt man zu Durchfall, ist eine ballaststoffärmere Kost sinnvoll. Genauso wichtig wie die Umstellung der Essgewohnheiten ist es, bei Reizdarm Stress zu reduzieren. Denn wer ständig von A nach B hetzt und keine ruhige Minute für sich hat, reagiert auf die emotionale Dauerbelastung häufig mit Verdauungsproblemen.
Kurzfristig können auch Medikamente – je nach Krankheitsbild durchfallhemmende oder abführende Präparate – die Beschwerden lindern. Bei starken Schmerzen kann man sich auch krampflösende oder schmerzstillende Mittel verschreiben lassen. Schmerzmittel sollten allerdings nie eine Langzeitlösung sein und nur in Absprache mit dem Arzt eingenommen werden
Alternativ können auch pflanzliche Mittel gegen Reizdarm helfen, zum Beispiel Pfefferminzöl oder Präparate mit Artischockenextrakt. Doch Vorsicht, bei den rezeptfreien Pharmazeutika gibt es teils deutliche Qualitätsunterschiede: 2018 bewertete das Verbrauchermagazin Ökotest 18 Arzneimittel, die Reizdarm-Symptome lindern sollen. Einige Präparate schnitten dabei enttäuschend ab, unter anderem Kijimea. Den Kapseln, die auf die Wirkung eines einzigartigen Bifidobakterienstamms setzen, bescheinigt Ökotest keinen Nutzen bei Reizdarm. Ebenfalls die Note „mangelhaft“ wegen fehlender Wirksamkeitsbelege erhielten die Mittel Gastricholan-L, Gastritol Liquid und Symbioflor.
Mit ein paar Tipps lassen sich Darmbeschwerden auch ohne Chemie und teure Medikamente in den Griff bekommen:
Viel Bewegung: Körperliche Aktivität wirkt wie eine Massage für den Darm. Ausdauersportarten wie Nordic Walking, Radfahren oder Schwimmen kurbeln die Verdauung an, Yoga wirkt entspannend und lindert stressbedingte Darmbeschwerden.
Stress vermeiden: Ein gereizter Darm reagiert empfindlich auf jede zusätzliche Belastung. Gönnt euch deshalb ausreichend Schlaf und regelmäßige Auszeiten, um zur Ruhe zu kommen – zum Beispiel mit Meditation, autogenem Training oder einem faulen Wochenende zu Hause.
Krämpfe mit Wärme lösen: Eine Wärmflasche oder ein Vollbad wirken Wunder bei krampfartigen Bauchschmerzen. Die Wärme entspannt die Bauchmuskulatur und ist nicht nur im Winter eine Wohltat.
Bauchmassagen: Eine sanfte Massage der Bauchdecke stimuliert die Nervenverbindungen im Darm und regt die natürliche Verdauungsbewegung an. Verpasst eurer Körpermitte also öfter mal eine kurze Streicheleinheit im Uhrzeigersinn.
Darmflora pflegen: Die winzigen Darmbewohner beeinflussen nicht nur die Verdauung, sondern auch das Immunsystem und das Wohlbefinden. Deshalb haben probiotische Lebensmittel wie Joghurt oder Sauerkraut und Präbiotika, die unter anderem in Äpfeln oder Chicorée stecken, eine positive Wirkung bei Darmproblemen, aber auch auf die Psyche.
Die Darmflora – also alle Bakterien, Viren und Pilze, die im Darm zu Hause sind – liebt eine ausgewogene, zuckerarme und ballastoffreiche Ernährung. Mit diesen Ernährungstipps haltet ihr euren Darm fit:
Genussmittel nur in Maßen: Alkohol beeinflusst die Eigenbewegung des Darms. Auch Kaffee und Milch verursachen häufig Beschwerden. Besser darauf verzichten oder nur ab und zu genießen.
Ausreichend trinken: Etwa zwei Liter am Tag sollten es schon sein – und zwar keine Soft Drinks, sondern stilles Mineralwasser oder ungesüßte Früchte- oder Kräutertees. Kohlensäurehaltige Getränke begünstigen Blähungen dagegen.
Die Kraft der Natur nutzen: Kräutertees und Gewürze wie Kümmel, Fenchel oder Kamille beruhigen den Darm.
Vorsicht bei fettigem und stark gewürztem Essen: Frittierte oder scharfe Speisen reizen einen empfindlichen Darm noch mehr. Wiener Schnitzel und höllisch scharfe Currywurst sollten bei Reizdarm deshalb die Ausnahme bleiben.
Blähende Lebensmittel meiden: Kohl, Hülsenfrüchte, Zwiebeln, Knoblauch oder Lauch können Blähungen verursachen. Bekömmlichere Ballaststoffe liefern unter anderem Haferflocken, Flohsamen und Leinsamen.
Obst und Gemüse durchprobieren: Testet einfach aus, welche Sorten und Mengen euer Körper gut verträgt. Fruktose- oder Histamin-Unverträglichkeit können dabei eine Rolle spielen.
In Ruhe essen: Wer jede Mahlzeit hastig herunterschlingt, belastet unnötig den Darm. Langsames Essen hat übrigens noch einen anderen Vorteil: Der Sättigungseffekt tritt schneller ein.
Gründlich kauen: Das erleichtert den Verdauungsorganen die Arbeit. Außerdem verhindert die bewusste Nahrungsaufnahme, dass man während dem Essen zu viel Luft schluckt. Es ist ganz normal, dass beim Reden, Trinken und Essen Luft in den Verdauungstrakt gelangt. Der Körper entfernt sie durch Aufstoßen – oder in Form von Blähungen.
Mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt: Ein sensibler Darm kann fünf bis sechs kleinere Portionen besser verarbeiten als drei große. Ebenfalls wichtig: regelmäßige Essenszeiten.