Dwayne Johnson duscht dreimal am Tag, Ashton Kutcher nur selten: Wie viel Körperpflege wirklich gesund ist, verrät Dermatologin Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann im Interview.
Hollywood-Star Dwayne Johnson hat auf Twitter verraten, dass er dreimal am Tag duscht. Ashton Kutcher dagegen erklärte in einem Podcast: "Ich wasche mir täglich die Achseln und den Schritt und sonst nichts." Und auch Jake Gyllenhaal stimmte in einem Interview mit der "Vanity Fair" in diesen Chor ein und sagte: "Ich finde Baden manchmal immer weniger nötig."
Nicht nur bei den Promis läuft die Diskussion, wie viel Körperpflege nötig und gesund ist, heiß. Dermatologin Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann, Autorin von Büchern wie "Schön mit Darm" oder "Natürlich schöne Haut", erklärt im Interview, ob zu viel Duschen Schaden anrichten kann und wie viel Hygiene mindestens nötig ist.
Michaela Axt-Gadermann: Eine gesunde Haut kann sicher einiges an Reinigung vertragen, aber das Pflegeritual von Dwayne Johnson schadet den meisten Hauttypen. Prinzipiell ist unsere Haut nicht auf die ständige Reinigung angewiesen und aus Evolutionssicht ist regelmäßiges Duschen und Baden nicht vorgesehen. Noch vor 50 Jahren gab es in vielen Familien nur einen "Badetag" pro Woche, der meistens samstags war. Unsere Haut kommt mit selteneren Reinigungen in der Regel besser klar als mit zu häufigem Duschen.
Auf unserer Haut befindet sich ein dünner Film aus Schweiß, Hauttalg und gesunden Bakterien, der unsere Haut pflegt, vor dem Austrocknen schützt und sie geschmeidig hält. Dieser "Säureschutzmantel" ist - wie der Name vermuten lässt - leicht sauer und hat einen pH-Wert von 4,8 bis 5,5. Dadurch werden nicht nur unerwünschte Keime abgehalten. Der Säureschutzmantel sorgt auch für eine gute Feuchtigkeitsversorgung und kann sogar die Hautalterung verzögern. Wenn wir täglich (mehrmals) mit viel Schaum und heißem Wasser unter der Dusche stehen, schädigen wir diesen dünnen Schutzfilm. Der saure pH-Wert geht verloren, denn Seifen und manche Duschgele sind alkalisch und haben einen pH-Wert von 8 bis 11. Waschaktive Substanzen im Schaum lösen zudem den Hauttalg heraus und trocknen die Haut aus. Gleichzeitig spülen wir rund ein Drittel der wichtigen Bakterien des Hautmikrobioms mit jeder Dusche ab.
Axt-Gadermann: Das hängt davon ab, was man unter zu häufig versteht, welchen Hauttyp man hat (trocken oder "fettig" (seborrhoisch) und ob man nur klares Wasser verwendet oder auch viel Schaum. Duschen ist nicht gleich Duschen. Bei einem schnellen Abduschen mit klarem Wasser und ohne Reinigungsprodukte trocknet die Haut nur wenig aus. Zwar werden auch dadurch wichtige Bakterien des Hautmikrobioms abgespült und ein bisschen Hauttalg entfernt, aber das kann die Haut meistens gut regenerieren.
Wenn ich aber sehr oft, sehr lange und sehr warm dusche und sehr viele Reinigungsprodukte verwende, dann wird die Haut nicht nur trocken, anfällig für Ekzeme und Allergien, sondern - das klingt zunächst paradox - sie riecht auch immer stärker. Normalerweise bekämpfen die gesunden Hautbakterien, das sogenannte Hautmikrobiom, geruchsbildende Bakterien auf natürliche Weise. Wenn das Hautmikrobiom zerstört wird, dann vermehren sich dummerweise gerade solche Keime, die unangenehmen Körpergeruch verstärken, wodurch man das Gefühl bekommt, dass man noch öfters duschen sollte - ein Teufelskreis.
Wer unter trockener Haut leidet oder sogar Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Handekzeme hat, merkt schneller die schädigende Wirkung eines falschen "Duschverhaltens". Menschen mit eher fettiger Haut schadet es in der Regel weniger. Deren Talgproduktion ist meistens so aktiv, dass die Entfettung der Haut nicht so sehr ins Gewicht fällt.
Doch zu viel Hygiene kann sogar Allergien begünstigen. Wissenschaftler der LMU München konnten kürzlich anhand der Daten von mehr als 2.700 Teenagern belegen, dass Waschmuffel, die höchstens einmal wöchentlich duschten, vor Allergien und Neurodermitis besser geschützt waren, ihre Hautbarriere intakt und der pH-Wert niedrig war. Die Studie zeigte auch, dass zu häufiges Waschen die mikrobielle Barriere der Haut schädigt und deren Durchlässigkeit erhöht.
Axt-Gadermann: Dann bekomme ich vielleicht Probleme mit meinem sozialen Umfeld. Der Haut schadet es in der Regel nicht. Ideal ist es, einen Mittelweg zu finden zwischen gesunder Haut und einem gesunden Verhältnis zu den Mitmenschen. Anhänger des "Cleansing Reduction" berichten, dass sie zumindest am Anfang, bis sich die an Shampoo und Seife gewöhnte Haut umgestellt hat, mit fettigen Haaren, strengem Geruch und unreiner Haut zu kämpfen hatten. Ohne Trockenshampoo und Duftsprays lässt sich diese Zeit kaum überstehen. Wie alle Extreme sollte man auch diesen Hype kritisch hinterfragen. Doch für unsere Haut wäre etwas weniger Sauberkeit wahrscheinlich mehr.
Zudem sollte man sich - wenn man weniger duschen möchte - langsam an die "Duschreduktion" herantasten, also z.B. im ersten Schritt das Wasser kälter drehen, kürzer duschen und schäumende Reinigungsmittel so oft wie möglich weglassen. Schweiß ist wasserlöslich und kann ohne Seife sehr gut entfernt werden. Im nächsten Schritt kann man versuchen, ob man sich wohl fühlt, wenn man nur jeden zweiten oder dritten Tag duscht. Man muss auf Reinigung nicht völlig verzichten, aber nach einer Eingewöhnungszeit nimmt der Körpergeruch sogar ab, wenn man sich seltener bzw. kürzer duscht.
Axt-Gadermann: Jugendliche mit Akne dürfen ihre Haut durchaus etwas "austrocknen", das ist sogar ein Teil der Behandlung. Sie sollten z.B. das Gesicht täglich reinigen, um Talg zu entfernen. Auch Make-up sollte abends gründlich entfernt werden. Wenn man aber nur einmal pro Woche duschen möchte, ist das für unsere Haut auch okay.
Axt-Gadermann: Möglichst kurz, möglichst kalt und am besten nicht jeden Tag duschen. Reinigungsmittel verwenden, die im Idealfall rückfettend sind, wenig schäumen und möglichst auch einen pH-Wert haben, der der Haut angepasst ist. Auch das Hautmikrobiom sollte "gepflegt" werden. Es profitiert von seltenerem Duschen und auch von probiotischen Kosmetikprodukten. In einer Studie der Hochschule Coburg konnte nachgewiesen werden, dass Bäder mit aktiven probiotischen Bakterien das gestörte Hautmikrobiom bei Neurodermitispatienten regenerieren, schädliche Bakterien verdrängen und die gesunde bakterielle Vielfalt auf der Haut wieder stärken.
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