Ein bisschen Hyaluronsäure hier, ein bisschen Botox da: Minimalinvasive Beauty-Treatments werden immer beliebter. Aber sind die scheinbar kleinen Eingriffe wirklich so harmlos?
Ein Milliliter Hyaluronsäure – schon wirken die Lippen voller. Ein paar Tropfen Botox und die Zornesfalte auf der Stirn und die Krähenfüße an den Augen sind für einige Monate ausradiert. Sogenannte minimal- oder noninvasive Beauty-Treatments werden immer beliebter. Scheint ja auch keine große Sache zu sein: wenig bis gar keine Ausfallzeiten, kaum Schmerzen, schnelle Ergebnisse. Die Nebenwirkungen, heißt es, seien zu vernachlässigen. Kleine Schwellungen, blaue Flecken oder temporäre Rötungen. Alles harmlos? Eben nicht.
Botox gilt als die Wunderwaffe gegen Mimikfältchen. „Erwischt der Arzt die falschen Muskelgruppen, kann das zu einem Hängelid führen. Manche Patienten können das Auge gar nicht mehr richtig öffnen“, weiß Gerhard Sattler, Dermatologe und Ärztlicher Direktor der Rosenparkklinik in Darmstadt. Noch heikler: Wenn die Substanz nicht in den Muskel, sondern in eine Vene oder Arterie gelangt, verteilt sie sich über die Blutbahn im ganzen Körper und kann zu vorübergehenden Lähmungen führen. Ein Gegenmittel gibt es nicht. Es bleibt einem nur abzuwarten, bis die Wirkung innerhalb von drei bis sechs Monaten von allein nachlässt. Gesichtsmassagen und Peelings sind nach einer Botox-Behandlung tabu. Die Substanz könnte nämlich in falsche Regionen gelangen und ebenfalls zu einer Hängepartie führen.
Hyaluronsäure ist heute der gängigste Filler. Weil sie eine körpereigene Substanz und deshalb gut verträglich ist, natürliche Ergebnisse liefert und mit der Zeit wieder abgebaut wird. Das Problem: Jeder Mediziner, egal ob Zahnarzt, Orthopäde oder Gynäkologe, aber auch Heilpraktiker, darf mit diesem Wirkstoff hantieren. Selbst wenn er dafür nur einen Tages-Workshop belegt hat. „Für Filler-Behandlungen braucht man sehr viel Erfahrung und muss die komplexen anatomischen Strukturen im Gesicht sehr genau kennen“, sagt Stefan Duve, Dermatologe aus München. Verletzt oder verlegt man durch die Injektion Blutgefäße, kann das zum Absterben der Haut führen. Noch schlimmer: „Im inneren Augenwinkel verläuft eine Arterie, die den Sehnerv und die Netzhaut versorgt. Wenn dieses Gefäß beispielsweise beim Unterspritzen der Tränenrinne beeinträchtigt wird, kann man erblinden“, warnt die Hamburger Hautärztin Susanne Steinkraus. Im Bereich der äußeren Augenpartie und an der Stirn lauern ähnliche Gefahren.
Wichtig ist übrigens nicht nur, wie, sondern auch was untergespritzt wird. „Teilweise sind billige Filler-Substanzen aus dem Ausland oder auch Fälschungen bewährter Produkte auf dem Markt, die unkontrollierbare Auswirkungen haben können“, so Stefan Duve. Besonders dramatisch: Filler auf Basis von flüssigem Silikonöl, die teilweise auch in deutschen Praxen verwendet werden. Selbst Jahre nach der Behandlung können Entzündungen mit Granulomen (Knoten) unter der Haut auftreten, die nur operativ entfernt werden können, zurück bleibt eine Narbe. Auch bei Hyaluronsäuren seien verunreinigte Präparate im Umlauf, meint Stefan Duve. Experten empfehlen, sich das Etikett des Fillers mit dem Namen des Produktes und der Chargennummer zeigen zu lassen oder, noch besser, in einen Ästhetik-Pass einzukleben. So weiß der behandelnde Arzt genau, was bereits alles „unter der Haut“ steckt.
Bei der Kryolipolyse soll Körperfett durch Kälte zum Schmelzen gebracht werden. Die betreffenden Partien werden auf drei bis vier Grad heruntergekühlt, dadurch sterben die Fettzellen ab. Problematisch kann Slimming werden, wenn die Pölsterchen zu stark auf den Kälteschock reagieren. Dann hat man statt strafferer Oberschenkel plötzlich eine handtellergroße Delle in der Haut. „Durch die Kälte kann es zu Entzündungen des Unterhautfettgewebes, einer sogenannten Panniculitis, kommen“, erklärt Susanne Steinkraus. Auch eine unsachgemäße Anwendung, ungeeignete Körperpartien oder eine falsche Dosierung führten bisweilen zu Komplikationen wie eingesunkenem Gewebe oder Pigmentverschiebungen. Auch bei Behandlungen, die mit Wärme arbeiten (Thermage, Radiofrequenz, Ultherapy), muss man vorsichtig sein. Die Hitze soll ein Zusammenziehen (Shrinking) der kollagenen Fasern und damit eine Hautstraffung bewirken. Ist die Temperatur zu hoch, riskiert man gravierende Verbrennungen mit Narbenbildung.
Viele minimalinvasive Behandlungen lassen sich gut miteinander kombinieren, sie unterstützen sich in ihrer Wirkung sogar. Doch es gibt Ausnahmen. Nach einem Fadenlifting sollte man auf Hitze-Treatments wie Ultherapy oder Thermage unbedingt verzichten – die Polyester-Fäden unter der Haut könnten schmelzen. Weniger dramatisch, dafür kostspielig, ist der Mix von Fillern auf Hyaluronsäurebasis mit Thermo-Treatments. Laut Experten baut sich die Hyaluronsäure dadurch jedoch deutlich schneller ab. Und selbst nach einer soften Mikrodermabrasion, bei der die Haut völlig schmerzlos mit feinsten Kristallen „sandgestrahlt“ wird, muss man aufpassen. Die Behandlung verursacht kleinste Verletzungen in der Haut, deshalb auf Cremes mit Duft- oder Inhaltsstoffen wie Retinol oder Fruchtsäuren am Abend nach dem Treatment unbedingt verzichten.
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