Was auf den Teller kommt, bestimmt auch unser Hautbild. Stichwort: Skinfood. Wer mit unreiner Haut und Fältchen hadert, sollte seine Ernährung überdenken – und vielleicht die nächste Pizza durch einen Quinoaburger ersetzen.
Julianne Moore erfand das Wort sushi face, um zu beschreiben, wie verquollen ihr Gesicht nach japanischen Röllchen aussieht. Kohlenhydrate- oder Zuckergesicht sind ebenfalls gängige Begriffe und das Pizza Face war sogar schon ein Schimpfwort für picklige Jugendliche, bevor Dermatologen und Ernährungsmediziner ahnten, dass es einen Zusammenhang zwischen Haut und Nahrung geben könnte. Skinfood ist also schon lange ein Thema. Yael Adler, Berliner Dermatologin und Ernährungswissenschaftlerin, geht in ihrem neuen Buch „Haut nah“ (Droemer) auf Spurensuche. „Das Mikrobiom im Darm spielt eine zentrale Rolle für das Immunsystem, die Entstehung von Zivilisationskrankheiten – und eben auch für den Zustand unseres größten Organs: der Haut“, sagt Yael Adler. Darm und Haut sind ziemlich beste Freunde: Der eine schützt unseren Organismus von innen, der andere an der äußeren Front. Wenn also in der Konzernzentrale im Keller etwas schiefläuft, muss es die Außenstelle auf ihrer etwa zwei Quadratmeter großen Fläche ausbaden. Es gibt vier Hauptstörenfriede in diesem Zusammenspiel.
Als Erwachsener immer noch Pickel oder Akne zu haben ist, als würde man zurück in die Pubertät geschleudert, nur ohne Knutschen im Schulhof und Abenteuer. Inzwischen weiß man, dass es oft an der Milch liegt, die wir täglich für unseren Kaffee aufschäumen, denn dieses Doping vergrößert Talgdrüsen und fördert als Wachstumslieferant essenzieller Aminosäuren leider auch das Zellwachstum für Entzündungen im Körper. Relevant für die Entstehung von Unreinheiten ist der Insulinlike growth factor 1, kurz IGF-1. Ist der IGF-1-Spiegel im Blut erhöht, haben Mitesser und Pickel Konjunktur. Trotzdem ist nach Untersuchungen des Berliner Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin Milch – in Maßen – mit ihren Vitaminen und Nährstoffen durchaus positiv für den Stoffwechsel. Fachärztin Yael Adler rät: „Trinken Sie nicht mehr als 200 Milliliter am Tag!“ Übrigens enthält auch laktosefreie Milch jene Botenstoffe, die Kälber zum Wachsen brauchen und die beim Menschen für Irritationen sorgen können. Nur die veganen Alternativen Kokos-, Hafer-, Mandel- oder Reismilch sind IGF-frei.
Kein Nährstoff steht so sehr am Pranger wie Kohlenhydrate. Sie sollen den Insulinspiegel steigen lassen, dick machen – und auch noch Allergien auslösen. Es ist vor allem der industriell verarbeitete Weizen in Weißbrot, Gebäck oder Nudeln, der in Verruf geraten ist. Gravierende Beschwerden hat allerdings nur, wer tatsächlich an der Autoimmunkrankheit Zöliakie leidet und allergisch gegen ein spezielles Eiweiß im Weizenmehl ist: Gluten. Und das sind nur 0,5 Prozent der Bevölkerung! Aber dieses Klebereiweiß fördert unglücklicherweise auch die Entzündlichkeit der Haut. „Sie wird röter, schuppiger und unruhiger“, erklärt Melitta Löwenstein-Frey, Dermatologin aus Krailling bei München. „Je nach genetischer Disposition, individueller Stresssituation und Zustand der Darmflora kann der Körper mit der Neutralisierung der Giftstoffe im Weizen überlastet sein. Alle Toxine, die in industriellen Nahrungsmitteln stecken, dringen dann an die Oberfläche.“ Auch hier kommt es, wie bei der Milch, auf die Menge an. Das erklärt auch, warum nicht jede Französin trotz des täglichen Baguettes mit Pickeln im Gesicht gestraft ist. Melitta Löwenstein-Frey, verheiratet mit einem Franzosen, bestätigt: „Ein Baguette wiegt nur 250 Gramm, davon wird maximal die Hälfte gegessen. Die meisten Französinnen achten außerdem darauf, dass die Boulangerie selbst bäckt und keine Fertigbrotstangen verkauft.“ Wer auf Nummer sicher gehen will, schwenkt auf unbedenkliche Kohlenhydrate um. Die sind zum Beispiel in Gerste, Vollkornpasta, Erbsen, Kürbis, schwarzen Bohnen, Vollkornbrot, Kamut und Quinoa enthalten.
Was bitte kann an einer Erdbeere verkehrt sein? Oder an geräuchertem Saibling? Obst und Fisch haben wir als gute Lebensmittel abgespeichert. Das Problem ist das Histamin, das darin steckt. Histamin ist ein in nahezu allen Körperregionen vorkommendes Gewebshormon, das unter anderem für die Erweiterung der kleineren Blutgefäße zuständig ist. Und für allergische Reaktionen sorgt. Konsumiert man zu viele Lebensmittel mit hohem Histamingehalt (Alkohol, insbesondere Rotwein, gereiften Käse, Salami, Meeresfrüchte, Geräuchertes und Frittiertes, Tomaten, Erdbeeren oder Zitrusfrüchte – um nur ein paar zu nennen), kann der Körper diesen Überschuss nicht abbauen und reagiert mit Rötungen oder Nesseln.
Fast Food, Chips, Wurst, Fertigpizza und Süßigkeiten, das klingt schon nach Teufelswerk. Und in der Tat hinterlassen die bösen Transfette darin nicht nur auf den Hüften und im Blutbild ihre Spuren, sondern auch auf der Haut. Anti-Skinfood sozusagen. Überschüssige Transfette verstopfen die Blutgefäße. Die Haut wird dadurch schlechter durchblutet, wirkt blass und weniger elastisch. Auf lange Sicht sind vorzeitige Hautalterung und Akne die Folgen. Die guten Omega-3-Fettsäuren (in frischem Lachs, Rapsöl, Nüssen) können dagegen sogar Neurodermitis verbessern.
Jedes bisschen Gemüse, jedes Stück Obst ist grundsätzlich gesund für den Körper. Aber während die Haut wasserlösliche Vitamine wie Vitamin C gut verträgt, Vitamin A sogar gegen Akne eingesetzt wird, kann fettlösliches Vitamin B12 die Haut ärgern. Ein Überschuss führt zu einer veränderten Genaktivität von Hautbakterien und die produzieren vermehrt ein Molekül, das entzündliche Prozesse anheizt und Pickel verursacht. Außerdem, so die Expertin, sollte man darauf achten, nur saisonales Obst und Gemüse zu essen. „Exoten (häufig auch sog. Superfood) sind oft für den Transport mit Stoffen behandelt, die zu Irritationen führen können.“