Viele schwören auf ein einfaches Ritual am Morgen: Ölziehen. Die Heilmethode, die man in der traditionellen ayurvedischen Medizin bereits seit Jahrhunderten kennt, ist ebenso einfach wie wirksam. Doch was ist Ölziehen überhaupt und welche Besonderheiten sind dabei zu beachten?
In vielen ganzheitlichen Medizintraditionen gilt der Mund als Spiegel der allgemeinen Gesundheit des gesamten Organismus. In der Mundhöhle befinden sich Milliarden von Mikroorganismen. Die meisten der dort beherbergten Bakterien brauchen wir für unsere Gesundheit, da sie wichtig für den Erhalt der Abwehrkräfte sind und uns vor Infektionen schützen. Andere Bakterien der Mundflora dagegen sind schädlich und können Karies oder Parodontitis auslösen. In Deutschland leiden nahezu zwölf Millionen Menschen an der chronischen Entzündung des Zahnbetts. Und es ist bekannt, dass Parodontitis ein Risikofaktor für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist. Fakt ist also: Die Mundgesundheit und der allgemeine Gesundheitszustand sind miteinander verknüpft.
Und genau hier setzt das Ölziehen an: Bei der Anwendung legt sich das Öl über Zähne und Zahnfleisch, sodass das Anheften von Bakterien und die Plaquebildung gehemmt wird. Außerdem gehen Viren und Bakterien, die Karies, Paradontitis oder Mundgeruch auslösen, ins Öl über und werden aus der Mundhöhle entfernt. Damit das auch funktioniert, ist es sehr wichtig ist, dass das Öl am Ende nicht geschluckt, sondern ausgespuckt wird!
Ölziehen ist übrigens nicht nur ein beliebtes Hausmittel für gesunde Zähne, sondern wird hierzulande auch gerne für einen freien Hals-Nasen-Rachenraum und zur Entgiftung des Körpers angewendet.
Wer einmal mit der Heilmethode am Morgen begonnen hat, weiß die positive Wirkung schnell zu schätzen. Menschen, die regelmäßig Ölziehen berichten von einem frischen Mundgefühl ohne Mundgeruch. Doch nicht nur die Mundhygiene wird verbessert: Ölziehen soll auch bei zahlreichen anderen Beschwerden helfen. Schnupfen, Husten, Halsschmerzen und sogar Kopfschmerzen sollen dadurch gelindert werden. Auch bei Geschmacksverlust oder Appetitlosigkeit soll die Heilmethode helfen. Im Ayurveda wird angenommen, dass dadurch mehr als 30 Krankheiten geheilt werden können. Und auch in der Ukraine und Weißrussland gilt Ölziehen als altbekanntes Hausmittel und wird bei verschiedenen akuten und chronischen Krankheiten eingesetzt.
Wie es der Name schon verrät, zieht man beim Ölziehen Öl im Mund hin und her. Im Prinzip funktioniert die Heilmethode wie bei einer Mundspülung: Man nimmt einen Esslöffel Öl in den Mund und beginnt, die Flüssigkeit mit ruhigen Bewegungen für 5 bis 20 Minuten hin und her zu schwanken. Dabei auch immer mal wieder durch die Zähne ziehen und "kauen". Die Farbe und Konsistenz des Öls verändern sich nach der Zeit – von anfänglich gelb und dickflüssig wird das Öl weiß und milchig. Nach Ablauf der Zeit unbedingt das Öl ausspucken und darauf achten, nichts zu verschlucken, da sich darin nun zahlreiche Giftstoffe befinden. Zum Abschluss den Mund mit warmem Wasser ausspülen und Zähne putzen.
Wichtig: Das Öl nicht in das Waschbecken, sondern in ein saugfähiges Taschentuch spucken und anschließend in den Müll werfen. So vermeidet man, dass die Giftstoffe in den Wasserkreislauf gelangen.
Am besten führt man das Ölziehen gleich morgens nach dem Aufstehen und noch vor dem Frühstück durch. Denn über Nacht versucht der Körper sich von Schadstoffen zu befreien. Im Idealfall sollt das Ölziehen 20 Minuten dauern, denn das Öl braucht so lange, um in die einzelnen Lücken zwischen den Zähnen einzusickern und die Bakterien dort zu vernichten.
Das Ölziehen kann man bis zu ein- bis dreimal täglich praktizieren, jeden Tag oder als Kur von zwei Wochen bis zu drei Monaten.
Eine berechtigte Frage, schließlich gibt es unzählige Öle auf dem Markt. Zum Ölziehen eignen sich diverse Öle, die man je nach Geschmacksvorliebe auswählen kann. Allerdings sollte man auf zwei Dinge unbedingt achten: Das ausgewählte Öl sollte biologisch angebaut und kalt gepresst sein.
Moderne Heilpraktiker empfehlen zum Ölziehen gerne natives Kokosöl. Das Öl schmeckt nicht nur angenehm nach Kokos, sondern hat antibakterielle Eigenschaften und ist daher besonders wirksam bei Zahn- und Mundraumerkrankungen. Im Ayurveda wird meist Sesamöl verwendet. Das dünnflüssige Öl wirkt gegen Plaquebildung und hilft bei Parodontitis, da es entzündungshemmende Stoffe enthält.
Auch kaltgepresste Bio-Öle wie Olivenöl, Sonnenblumenöl, Leinöl oder Reiskleieöl eignen sich zum Ölziehen. Bei bestimmten Beschwerden kann man dem Öl auch ätherische Öle beifügen, die allerdings 100 Prozent naturrein sein müssen: So hilft Fenchel bei Atemwegsbeschwerden, Pfefferminze bei Kopfschmerzen und Lavendel bei Nervosität.