Der wichtigste Rat für Frauen, die in einer Scheidung stecken? Autorin Karina Lübke über die Kunst des Neuanfangs!
Das Wichtigste vorweg. Das will jeder wissen, vor allem die langjährig Verheirateten, spätestens nach dem zweiten Bier: "Mal ehrlich: Hast du es je bereut, dich von deinem Mann getrennt zu haben?“ Mittlerweile hätte ich dazu ja zweieinhalb Jahre lang Zeit gehabt. Aber meine Antwort bleibt: Nein, wirklich nicht. Und nein, noch nie. Ich sehe unsere Trennungsgeschichte als Happy End. Denn wie könnte eine über zwanzig Jahre dauernde Beziehung, aus der zwei wunderbare Kinder hervorgegangen sind, eine Tragödie sein? Kein Grund, sich emotional auf den gesellschaftlichen Scheiterhaufen zu begeben. Für eine Phase meines Lebens war der Mann der richtige, doch alles und jeder verändert sich und nun folgt der nächste Teil. Es ist erwiesen, dass andauernder Stress Körper und Seele schwer reversible Schäden zufügt. Jahrelang in einer unglücklichen Beziehung zu leben, an der kein Gespräch, keine Therapie etwas ändert, und sich von diesem Einfluss nicht zu befreien ist unterlassene Selbsthilfeleistung. Wenn ich im Supermarkt Paare um Nichtigkeiten wie die Sorte der Joghurts streiten höre, mit dieser routinierten Gehässigkeit, die beweist, dass es dabei nur um Vormacht und gegenseitige Verletzungen geht, denke ich: Alles richtig gemacht. So will ich nicht enden.
Ex. Und hopp! Ich bin weiterhin jeden Tag auf dem Sprung zurück in die Normalität. Ich lerne mich dabei wieder oder neu kennen, ändere Meinungen und Parameter, hinterfrage mich. Aus welchen Gründen habe ich früher welche Abhängigkeiten akzeptiert, wichtige Dinge wie das familiäre Finanzmanagement aus Angst, Tradition oder auch Bequemlichkeit meinem Mann überlassen? Ich interessiere mich erstmals ernsthaft für Verträge und Versicherungen, und diese Kontrolle, die ich nie wieder abgeben möchte, gibt mir Selbstsicherheit.
Dafür habe ich mittlerweile auch zu viele Geschichten von Frauen gehört, die wegen der Kinder und um des lieben Friedens willen einfach nur Ruhe haben wollen, egal zu welchem Preis. Ein befreundeter Anwalt sagte: "So traurig es ist, aber in meiner Praxis sehe ich, dass etwa 80 Prozent der Männer zu Arschlöchern mutieren." Die meisten würden auf keinen Fall für ihre Ex-Frauen oder Ex-Kinder zahlen wollen, "aus Prinzip", auch wenn sie Geld hätten. Oft gäbe es nämlich schon eine neue Frau, in die sie ihr Kapital emotional und sexuell gewinnbringender investierten.
Falls also ein Mediator und die Reste des guten Willen nicht ausreichen, um eine zukunftsfähige Lösung zu finden, muss man die Rüstung anziehen, Kräfte und Truppen sammeln, Schwert, Verstand und die Zunge schärfen. Keine falsche Großzügigkeit, die oft als Schwäche verstanden und ausgenutzt wird.
"Ich wollte eine Zukunft haben. Statt einer Restlaufzeit"
Denn während die moderne Neu-Single-Frau immer noch versucht, in Mediationsgesprächen die entpartnerte Harmonie zu erhalten, sitzt ihr zukünftiger Ex-Mann kurz darauf beim Anwalt, um seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Erst recht, wenn er sich dadurch gekränkt fühlt, dass sie tatsächlich die Frechheit besitzt, ohne ihn glücklicher sein zu wollen. Die Frau wiederum fällt dann aus allen Wolken, wenn sich der Mann nicht an das hält, was im Mediationsgespräch ausgemacht wurde. Den guten Rat meines befreundeten Anwalts kann ich deshalb nur wärmstens weitergeben: "Man muss es sportlich sehen. Es geht nicht um Gefühle oder Anerkennung - es geht nur um Geld! Das hat nichts mit einem persönlich zu tun!"
"Und sonst so? Was macht die Liebe?“ ist die zweite Frage, die mir alle stellen. Nun, obwohl meine Mutter einerseits recht hat, dass "dieses Internetz die Männer nicht besser gemacht hat", ist dieses Kapitel noch lange nicht abgeschlossen, wie ich einige Zeit zufrieden dachte. Es gibt interessante Menschen, neue Freunde, viele Anekdoten und jetzt ist da ein neuer Mann, der mein Leben lustiger und lustvoller macht. Mit dem Händchenhalten schon ein Vorspiel ist, das ein Nachspiel haben wird. "Wie ist das denn so mit ihm?", fragte eine Freundin und ich fing beim Überlegen automatisch an, debil zu grinsen: "Wie eine Mischung aus telepathisch übermittelten und umgesetzten Lieblingsfantasien und spiritueller Erfahrung." "Oh", sagte sie. Und dann, leicht deprimiert: "Das hätte ich jetzt lieber nicht gewusst." Grandioser Sex mit Liebe bewirkt jedenfalls mehr Ganzkörper-Glow als alle Anti-Aging-Maßnahmen zusammen.
Der Aufbau einer funktionierenden Beziehung neben meinem Alltag mit den Kindern ist zwar schwierig, aber machbar. Ich erkenne Mechanismen schneller, nehme Gefühle als Wegweiser wichtig und übe, mich klar abzugrenzen. Und denke: Schlimmstenfalls kann ich immer noch gehen. Ich weiß ja jetzt, wie das läuft. Und ich weiß, dass es danach weitergeht. Somit steht dem Glücklichsein nichts mehr im Wege. Höchstens ich selbst. Und auch mein Ex-Mann scheint happy zu sein. Seine neue Freundin - jünger, kinderlos - nimmt ihn mit zum Triathlontraining, er ist so gut in Form wie nie. Kürzlich sah ich ihn im Supermarkt aus der Ferne und hätte fast aus Versehen mit ihm geflirtet, bis ich ihn erkannte.
Ja, ich hätte mir gewünscht, dass wir als glückliche Familie in unserem idyllischen kleinen Auenland leben. Aber wenn Mordor seine Schatten wirft, kann man nicht endlos Tür und Augen davor verschließen, dass es bald zappenduster wird. Um eine Zukunft zu haben statt einer Restlaufzeit an Leben, muss man sich auf die Reise machen. Zu zweit einsam sein wäre die Sache gewesen, die ich dann bereut hätte, wenn ich einmal so alt und bewegungsunfähig gewesen wäre, wie ich mich die letzten zehn Jahre gefühlt habe.
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